Ladeneröffnung in der Altstadt
Die Lenzburger Altstadt hat seit Samstag wieder eine Buchhandlung. Der Besucheransturm zeigte deutlich: die Lenzburger haben darauf gewartet.
Für mehr als ein halbes Jahrhundert war die Buchhandlung Emilie C. Otz an der Aarauerstrasse beim Bahnübergang in Lenzburg der Ort, wo Buchliebhaber sich ihre Lese-Inspiration holten. Ende Juli übergaben die bisherigen Inhaber Ursula und Michael Brücker ihr Lebenswerk an die junge Nachfolgerin, Kathrin Steinmann. Nach einer kurzen Umzugspause öffnete am Samstag die Traditions-Buchhandlung am neuen Standort im Herzen der Altstadt wieder die Türen. Unter dem abgekürzten Namen «Buchhandlung Otz» soll die Buchhandlung weiter Anlaufstelle für Buchinteressierte aus der Region sein. Nach einer ganzen Reihe von Ladenschliessungen im Zentrum, unter anderem der Buchhandlung am Rathaus, der Geschenkboutique Hymmelrych oder Haushalt Plus, ist die Wiedereröffnung, nicht nur für Buchfreunde, ein gern gesehenes, positives Ereignis für die Lenzburger Altstadt. Das Interesse am neuen Geschäft in den Lenzburger Gassen war dementsprechend gross. Rund 200 Neugierige wollten am Eröffnungstag sehen, wie sich das neue Ladenlokal an der Kirchgasse 23 präsentiert. Mit so vielen Besuchern hat die neue Inhaberin der Buchhandlung nicht gerechnet. «Und das trotz Sommerferien», freute sich Steinmann.
In den hellen und übersichtlichen Räumlichkeiten, ehemals Papeterie Marlis Kromer, reiht sich Bücherregal an Bücherregal mit Platz für über 2800 Titel. Die Buchauswahl ist ordentlich sortiert nach Genres, dazwischen ausgesuchte Buchvorschläge. Das Angebot hat Steinmann mit einer kleinen Auswahl an fremdsprachigen Büchern in Englisch und Französisch und verschiedenen Spielen bereits etwas ausgebaut. Sitzgelegenheiten und der Duft nach Kaffee laden zum Verweilen ein. «Es soll ein Ort zum Stöbern, sitzen bleiben und Neues entdecken sein», wünscht sich Steinmann. Der mutigen Quereinsteigerin und dem langen Atem der Brückers, die das Pensionsalter seit mehreren Jahren schon überschritten haben, verdanken die Lenzburger, dass sie nicht ohne Buchhandlung sein mussten.
Quereinsteigerin mit Herzblut
Dass Lenzburg weiterhin eine Buchhandlung hat, bedeutet auch den ehemaligen Geschäftsinhabern, Ursula und Michael Brücker viel. «Die Buchhandlung war ein kräftiger Teil des eigenen Lebens, da hängt man nicht so einfach ein «Wir schliessen» an die Tür», sagt Michael Brücker. «Dank der neuen Nachfolge sind wir glücklich gegangen.» Mit Kathrin Steinmann haben die beiden eine ungewöhnliche, aber vielversprechende Nachfolge gefunden. Die 29-Jährige hat keine Vorgeschichte in der Verleger- und Buchhändlerbranche; sie ist Quereinsteigerin mit einem Masters in Umwelt- und Politikwissenschaften, einem grossen Faible für Bücher und dem grossen Wunsch, dass Lenzburg auch weiterhin eine Buchhandlung haben soll. Für den Traum der eigenen Buchhandlung gab Kathrin Steinmann, Tochter von Stadtrat Martin Steinmann, ihre Festanstellung an der ETH in Zürich auf. Das Wissen für die Buchhandel-Branche hat sie sich erarbeitet. Einerseits mit verschiedenen Kursen, beispielsweise der Weiterbildung «Branchenwissen Buchhandel», aber auch durch Kontakte mit anderen Startups der Branche und diversen Praxiseinsätzen seit November 2016 in der Buchhandlung Emilie C. Otz.
Die junge Geschäftsinhaberin ist überzeugt, dass die Belebung der Lenzburger Innenstadt und der Erhalt von unabhängigen Läden der Lenzburger Bevölkerung ein Anliegen sind. Und auch, dass ein Bedürfnis besteht nach einem Ort, wo man Bücher anfassen, sich hinsetzen und darin stöbern kann. Das grosse Interesse an der Buchhandlung am Wiedereröffnungstag machte der jungen Geschäftsinhaberin Mut. «Es gibt mir Zuversicht, dass die Tradition der Buchhandlung in Lenzburg weiterbestehen kann.»