Fasern, Fäden, Feinarbeit – Altes Handwerk neu entdeckt

Boniswil Die verschiedenen Schritte vom Flachs zum Leinen konnten Interessierte am Samstag in Boniswil selbst ausprobieren. Dort hatte Ursula Wiederkehr einen spannenden Anlass mit alten Handwerkstechniken organisiert.

Ursula Wiederkehr mit den Leinenfasern.Foto: Verena Schmidtke
Ursula Wiederkehr mit den Leinenfasern.Foto: Verena Schmidtke

Fröhliches Gelächter begrüsst die Gäste. Zwei Frauen probieren sich daran, gebündelten Flachs über ein längliches, geriffeltes Holzgestell, einen Brechbock, zu ziehen. Dabei schlagen sie mit einem daran befestigten langen Holzstück darauf. Marlies Dürst, die Kurse zum Thema Flachsverarbeitung gibt, lacht und ermutigt. «Nicht zu zaghaft. Ihr dürft dem Flachs ruhig Saures geben.» Schon klappt es besser, auf geht es von der Brächete zum nächsten Arbeitsschritt. Neben den sogenannten Brechböcken, welche am Strassenrand stehen, gibt es ein hohes Brett. Mithilfe eines Schwingschwertes wird der Flachs weiter bearbeitet, weitere holzige Teilchen fallen herab. Hier hat Marlies Dürst noch etwas Besonderes in der Hand: «Dieses Schwingschwert ist aus dem Jahr 1852.» Greifbare Geschichte also.

Den Anlass «Von Flachs zum Leinen» hat Ursula Wiederkehr mit Unterstützung des Vereins Kulturundmehr, der Gemeinde sowie der Unterstützung von Ehemann Thomas Frei und Freundinnen und Freunden auf die Beine gestellt. «Als Lehrerin für Textiles Werken und Schulleiterin interessiere ich mich sehr für altes Handwerk und mehr», erzählt sie. «Im Ruhestand habe ich mir einen Webstuhl zugelegt und wollte dann mehr wissen, also den Weg vom Flachsanbau zum Leinen.» Ihre Kollegin Nicole Oehninger sei ihr da eine grosse Hilfe gewesen, zusammen hätten sie Flachs gesät und schliesslich geerntet. Über Kurse hätten sie Marlies Dürst kennengelernt, die den Anlass gern begleitet und die notwendigen Handwerksgeräte mitbrachte. Ursula Wiederkehr zeigt auf den dunkleren der Brechböcke: «Den konnten wir beisteuern, wir haben ihn auf einem Estrich entdeckt.» Zur Hechel hat sie auch eine spannende Information: Früher war die Flachsverarbeitung gemeinsame Arbeit, beim Hecheln seien Neuigkeiten ausgetauscht worden: «Daher die Bezeichnung ‹durchhecheln›.» Zum Anlass betont sie, es sollte nicht nur reines Zuschauen werden. «Unser Vorhaben ist, dass möglichst viele sich selbst an den alten Techniken ausprobieren», sagt sie lachend.

Damit haben die Organisatoren Erfolg: An einer Art Bürste, einer Hechel, ziehen zwei Anwesende eifrig die Flachsfasern durch die Metallstifte. Von Grob zu Fein, letztendlich sollen nur die langen Fasern übrig bleiben. «Diese werden schliesslich am Spinnrad zu Fäden gesponnen», berichtet Wiederkehr. «Und später kann daraus Stoff gewebt werden – so wie es früher ganz alltäglich war.» So wird in Boniswil erfahrbar, wie viel Handarbeit einst im Alltag steckte.

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